Das Zeitgeschichtliche Archiv war in Deutschland und wohl auch darüber hinaus, die thematisch umfangreichste Sammlung von Presseartikeln deutscher Zeitgeschichte. Mit ca. 27,5 Mio., nach wissenschaftlichen Kriterien thematisch geordneten Presseartikeln, in drei ineinander greifenden Sammlungen, widerspiegelten sie die Jahre von 1945 bis 1992. Hier erschloss sich, aus der Sicht der Presseorgane der Nachkriegs-Besatzungszonen, dann der BRD und DDR und hernach der Presselandschaft des Transformationsprozesses, die deutsche Doppelgeschichte.
Zum ZgA gehörten ergänzend Jahrgänge gebundener Zeitungen, auch das historische Redaktionsarchiv des Berliner Tagesspiegel war dem ZgA überlassen, darüber hinaus Nachlässe, Pressefotografien, unsere ZgA-Projektdokumentationen und DVD-Produktionen, auch unsere Themen- Wandzeitungen.
Das Zeitgeschichtliche Archiv gibt es nicht mehr. Gleichsam in letzter Minute gelang es unserem Trägerverein die einzelnen Sammlungen des ZgA zu retten und die vielen Sammlungsteile in gute Hände zu geben. Die Teile des ZGA gingen unentgeltlich an Universitäten in China, England, die USA und historisch interessierte nichtstaatliche Einrichtungen in Deutschland; allesamt hochinteressierte Selbstabholer dieser Dokumente. Zuvor vergeudeten wir anderthalb Jahre sinnlos mit Offerten an einschlägige staatliche oder staatlich geförderte Institutionen in Deutschland. In der Kürze der uns verbleibenden Zeit haben wir nicht Buch darüber geführt, an wen wir welche Teile abgegeben haben. Wir waren froh, dass unser Werk der Rettung dieser Presse- und Presseausschnittsammlungen von Leuten fortgesetzt wird, die sie wie wir als Kulturgut betrachten. Grundsätzlich nicht bedient wurden durch uns Anfragen nach Ergänzung eigener Bestände durch Einzelexemplare von Zeitungsjahrgängen. Die komplexe Abgabe, das heißt die Rettung, hatte den Vorrang.
Die Auflösung des Zeitgeschichtlichen Archivs ist abgeschlossen, die genutzte Halle in Marzahn wurde termingerecht beräumt und an die Stiftung Oper in Berlin, dem neuen Eigentümer, übergeben.
Für die Bewahrung der Sammlungen kam im Gefolge unserer Beteiligung am Tag der Archive im März 2022 auch Unterstützung durch viele besorgte Bürger, die Politiker darauf ansprachen, Rettung für das ZGA zu organisieren. Auch sie waren letztendlich erfolglos, nicht selten blieben sie auch ohne Antwort. Für unser kleines ehrenamtliches ZGA-Retterkollektiv waren sie aber wichtige Ermutigung.
Wir danken dafür all den Engagierten und stellvertretend, Frau Bettina Hercher aus Lichtenberg.
Auch der einstimmige Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung Marzahn-Hellersdorf, unser ZGA – es war am Standort immer mietfrei gestellt – für 2022 auch von den pauschalen monatlichen Mietnebenkosten von einem Euro pro qm frei zu stellen, war bei den genutzten 700 qm eine existentielle Hilfe die Sammlungen letztendlich doch noch retten zu können. Der Generaldirektor der Stiftung Oper in Berlin verzichtete als neuer Eigentümer 2023, im Wissen um das ZGA, dankenswerter Weise von vornherein darauf und seine Mitarbeiter unterstützten unsere ZGA-Abwicklung tatkräftig.
Dr. Götz Frömming vom Bundestag und Vertreter des Arbeitskreises Kultur und Medien nahmen die missliche Lage des ZGA im Gefolge des Tages der Archive zur Kenntnis, organisierte ein Informationsgespräch in unserem Archiv und bote Hilfe an. In diesen Tagen galt unsere Hoffnung jedoch noch dem Berliner DDR-Museum.
Juliane Witt besuchte unser kleines Archivkollektiv mit einem großen Blech Kuchen bei unserem Arbeitseinsatz, als wir gerade langsam ermüdend unter Hochdruck an der systematischen Beschriftung der abzugebenden Teilbestände arbeiteten.
Jahrelang begleitete die engagierte ideenreiche Marzahner Stadträtin unser Zeitgeschichtliches Archiv und seine Projekte in Marzahn-Hellersdorf. Erinnert sei an unsere großen Kunstausstellungen, die vieljährigen Zeitzeugenprojekte oder das Projekt PC-Selbsthilfestudio, mit dem seinerzeit vom ZgA ausgehend, tausende gebrauchte PC, betriebsbereit und mit Schulung an Leute abgegeben wurden, die sich so etwas damals nicht leisten konnten.
Unser Tag der Archive am 5. und 6. März 2022 war über Erwarten gut besucht. Weit über hundert Interessierte kamen in unser Zeitgeschichtliches Archiv, auch um ihre Solidarität mit dem Bestreben um Erhalt der Sammlungen auszudrücken.
Unsere Filme für die Webseite des Verbandes deutscher Archivarinnen u. Archivare:
Gemeinsam arbeiten die Kollegen Friederich vom Tagesspiegel und Wachowitz vom Berlin-Brandenburger Bildungswerk daran, die Presseausschnittsammlungen zu retten. Den Tagesspiegelbeitrag finden Sie hier. (4 Min.) |
Unserem Berlin-Brandenburger Bildungswerk e.V. gelang es über zwei Jahrzehnte drei bedeutende Presseartikelsammlungen und das historische Tagesspiegelarchiv zu bewahren. Auch Pressefotos und gebundene Jahrgänge vieler Zeitungen aus Ost und West, von denen etliche längst nicht mehr existieren, fanden Aufnahme in einem ausgedienten Produktionsgebäude in Marzahn. Doch bereits für Ende 2022 war der Abriss des Gebäudes avisiert und auch unser Bildungsverein muss schließen. Mit Thomas Friederich vom Tagesspiegel kam die rbb-Legende Ulli Zelle um zu erfahren, ob dieser Schatz noch zu retten ist. Seinen Bericht für die „Abendschau“ vom 4. Dezember 2021 finden Sie hier.
Auch Johanna Treblin vom Tagesspiegel berichtete von unserem Marzahner Archiv und seiner Abwicklung; Arnold Schölzel, Junge Welt schrieb einen ganzseitigen Artikel. Auch Claudia van Laak, die Landeskorrespondentin Berlin für Deutschlandradio kam nach Marzahn und sendete.
Am Standort des Archivs trugen die Berichte das Bezirks-Journals Lichtenberg/Marzahn (Marcel Gäding) und Die Hellersdorfer (Claudia Dressel) sehr zu unserem erfolgreichen Archivtag 2022 bei.
Der Redakteur des Neuen Deutschland, Patrick Volknant, verfasste 2023 einen Artikel zum aktuellen Stand.